Mein Namensvetter liegt da goldrichtig. Was in der "Einleitung"¹ steht, bezieht sich auf den Idealfall. Dabei erklärt Dir der Verlag etwas, wie: Das Buch bekommt das Format 170x210. Die Falz liegt gibt 10mm. Anschnitt oben, unten und rechts sind wie üblich 3mm. Auch schlechter Erfahrung frage ich dann noch, ob das Buch das Endformat 170mm * 210mm haben wird oder der Anschnitt davon noch abgeht, also am Ende nur 167mm * 204mm übrig bleiben. Wenn der Verlag sagt, 170x210 ist das Endformat, dann weiß ich: Die sichtbare Seite ist ca. 160mm breit und 210mm hoch. Das »ca.« kommt daher, dass die Position der Buchfalz nur eine Richtschnur ist. Ich kann jetzt also einfach paper=160mm:210mm einstellen. Wie das dann korrekt auf dem Druckbogen (auf den in der Regel 16 Buchseiten passen) angeordnet wird, darum kümmert sich die Druckerei oder (selten) die Druckvorstufe im Verlag.
Ich kann aber auch paper=170mm:210mm,BCOR=10mm einstellen. Dann bekommt der Verlag ein anderes Endformat von mir geliefert, bei dem der Textbereich aber gleich ist. Warum der Textbereich gleich ist, obwohl ein anderes Papierformat eingestellt wurde, geht aus den Gleichungen in Abschnitt 2.1 der KOMA-Script-Anleitung (oder Wahlweise des KOMA-Script-Buchs) aber auch der Erklärung zur Satzspiegelkonstruktion durch Teilung:
• Zunächst zieht man an der Innenseite des Papiers den Teil BCOR, der für die Bindekorrektur
benötigt wird, ab und teilt die restliche Seite vertikal in eine Anzahl DIV gleich hoher Streifen.
• Dann teilt man die Seite horizontal in die gleiche Anzahl DIV gleich breiter Streifen.
• Nun verwendet man den obersten horizontalen Streifen als oberen und die beiden untersten
horizontalen Streifen als unteren Rand. Im doppelseitigen Druck verwendet man außerdem
den innersten vertikalen Streifen als inneren und die beiden äußersten vertikalen Streifen als
äußeren Rand.
• Zum inneren Rand gibt man dann noch BCOR hinzu.
Ein Bild gibt es in der Anleitung dazu auch.
Da die Bindekorrektur vor der Teilung quasi entfernt und erst zum Schluss dem inneren Rand wieder hinzugefügt wird, erhält man dieselbe Teilung, wie wenn man ein um die Bindekorrektur schmaleres Papier verwendet hätte. Damit erhält man dieselbe Breite des Textbereichs, wie wenn ein um die Bindekorrektur schmaleres Papier verwendet hätte. Damit ist auch schon klar, warum die Bindekorrektur einen Einfluss auf den Umbruch hat.
Der Idealfall ist heutzutage übrigens leider von einem gewissen Seltenheitswert. Ich erlebe immer wieder, dass ein Verlag sehr wenige Daten liefert und diese am Ende dann auch noch falsch sind. Das hat einerseits damit zu tun, dass Verlag und Druckerei häufig in verschiedenen Ländern angesiedelt sind. Meist hat der Ansprechpartner im Verlag auch wenig Ahnung vom Druckgeschäft und weiß auch nicht, welche Druckerei am Ende beauftragt wird. Weil die Druckereien genau wie die Verlage allzu häufig nur an die Kosten denken, weiß auch niemand, an welchem Standort mit welcher Maschine und welcher Farbe auf welches Papier gedruckt wird. Genauso weiß niemand so recht, wo das Cover gedruckt und am Ende alles zusammen gebunden wird. Die eine Druckerei kann auch beispielsweise mit BleedBox-Angaben im PDF etwas anfangen. Die andere will lieber einen Ausdruck mit crop-Marken. Dass das mit dem Beschneiden nicht immer so klappt, wie das ausgemacht war, habe ich oben ja bereits angedeutet. Und ein Kollege, der sehr viel länger im Satzgeschäft und sehr viel mehr produziert hat als ich, kann noch ganz andere Horrorgeschichten erzählen, wie das Verkleinern der Seite mit crop-Marken und nachträglichem Entfernen der crop-Marken und so ging das dann mit total falschen Rändern in den Druck – einige tausend Exemplare.
Also macht euch nicht zu viele Gedanken, wie man das Optimum herausholen kann. Irgendwer auf dem Weg zum fertigen Buch hat seine eigenen Vorstellungen. Trauriger Weise merken es am Ende dann die wenigsten. Den übrigen erzähle ich gelegentlich mal wieder eine Horror-Story.
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1 AFAIR steht in der Einleitung zur KOMA-Script-Anleitung nichts dergleichen, sondern eher in den Grundlagen der Satzspiegelkonstruktion.